- sigizitzart
Wenn Japan eine Person wäre.
Konnichiwa!
auf meinem Blog war es ruhig zuletzt, dafür um so wilder im realen Leben. Nachdem 2020 mich, so wie uns alle, außerordentlich herausgefordert hat, habe ich eine Weile gebraucht, um überhaupt gedanklich und emotional im Jahre 2021 anzukommen.
Der Jahresübergang ging für mich mit einem Kontinentenübergang einher, sodass ich doch tatsächlich- ich glaub es selbst kaum- diesen Blogbeitrag aus Japan schreibe. Aber von vorne.
Japan? Wie kommts?
Im Prinzip war schon länger klar, dass mein Partner (den nenne ich wie immer hier A.) und ich nicht in Deutschland bleiben würden, weil wir beide a) gerne in verschiedenen Ländern leben und es b) einfach zu viel zu entdecken gibt auf dieser Erde. Zu viel um jetzt zu setteln. Und dann hat sich die Gelegenheit geboten, nach Japan zu gehen.
Mein Partner hat eine Stelle in der Nähe von Tokyo angenommen. Das heißt Japan hat er iniziiert.
Und auch ich nehme hier eine neue berufliche Möglichkeit wahr. Ich werde von nun an meine Kunst und mein Schreiben professionalisieren. Und ihr nicht nur nebenbei- zwischen verschiedenen festen Stellen- nachgehen. Also Augen und Ohren offen halten, du wirst von mir sehen und hören! Denn ich befinde mich jetzt in der glücklichen Lage, vollzeitig Kunst zu schaffen und Wege zu finden, wie ich diese von meinem Atelier aus, das öfter mal den Ort wechselt- raus in die Welt bringe.
Als ich damals nach China geflogen bin um dort eine Weile zu wohnen, wurde ich gefragt „Warum China? Da essen die Leute Tigerpenisse!“ Es ist unglaublich, wie sehr eine Kultur die Gemüter spalten kann. Das trifft wohl nicht nur auf China zu.
Reaktionen auf Japan waren eher von Interesse statt Vorurteilen geprägt, was ich ziemlich interessant fand.
Wie ich zu Japan stehe?
Zunächst hatte ich nicht damit gerechnet, dass es Japan wird. Zu Japan kam ich, wie die Jungfrau zum Kinde.
Eine persönliche Affinität, ich gebe es zu, hege ich besonders zu spanischsprachigen Ländern. Das liegt lediglich daran, dass es für mich einfach und leicht ist, dort zu wohnen. Ich spreche fließend spanisch, ich liebe die Natur in Lateinamerika und die Lockerheit und Freundschaftlichkeit vieler Menschen dort in einigen Aspekten (ist vlt auch ein Stereotyp, empfinde ich aber dennoch so). Es ist wie eine kulturelle Comfortzone für mich. Japan, hatte auf meinem Radar "mögliche Heimat" bisher noch nicht stattgefunden, aber das heißt ja nichts!
Wenn Japan eine Person wäre.
Mit Japan, hatte ich also bis dato keine Berührungspunkte. Aus irgendeinem Grund, womöglich wegen der geografischen Nähe, habe ich vermutet, dass es wie China ist.
Dazu ein kleiner Exkurs: China war für mich das Gegenteil einer kulturellen Comfortzone. China hat mich, was den Kulturschock betrifft, wirklich mit allen Wassern gewaschen. Ich hatte den Entschluss damals sehr schnell und ohne viel nachzudenken gefasst, nach China zu gehen. Das war auch gut, denn sonst hätte ichs vielleicht mit der Angst vor Neuem zu tun bekommen.
Wenn China eine Person wäre, dann würde ich diese Person als etwas ruppig, laut, politisch fragwürdig, widersprüchlich, neugierig, charmant, gastfreundlich und entzückend beschreiben. Natürlich ist diese Beschreibung absolut subjektiv und hängt auch mit der Person zusammen, die ich vor etwa 8 Jahren war. Heutzutage würde ich China höchstwahrscheinlich anders erleben.
Wenn Japan eine Person wäre, wie würde ich sie beschreiben?
Das weiß ich noch nicht, aber ich werde es herausfinden und mit dir Stück für Stück teilen. Letztlich freue ich mich über meine Naivität und Ahnungslosigkeit im Bezug auf Japan, denn sie erlaubt mir eine größere Unvoreingenommenheit.
Hätte ich zum Beispiel Japanologie studiert oder seit ich 12 bin Mangas gelesen (hört man oft- bei mir beides nicht der Fall) hätte ich ganz andere Vorstellungen und Erwartungen an dieses Land. Und so freue ich mich sehr, hier zu sein und zu entdecken, was für mich möglich ist. Ich stehe Japan also vollkommen offen und neugierig gegenüber.
Wie sieht es aus mit Corona in Japan?
Ich zögere ein bisschen, dieses Thema hier auch noch zu behandeln. Denn wir alle hören momentan kaum etwas anderes- und so werde ich meinen Blog vor allem dazu nutzen, dir Einblicke in mein künstlerisches Leben in meiner neuen Heimat Japan zu vermitteln.
Aber das Thema findet unübersehbar statt, also kurz und knackig: Japan hat vor kurzem die Landesgrenzen für Einreisende geschlossen, das heißt wir mussten sehr spontan eine Woche früher als geplant fliegen. Alles andere wäre, wenn überhaupt möglich, mit einem irren Aufwand verbunden gewesen.
In drei Tagen den Koffer zum Auswandern packen, ist kein Spaziergang und wirklich nicht empfehlenswert.
Wir mussten vor dem Abflug einen negativen Test vorweisen und auch nach der Landung in Tokyo einen Test machen. Wäre dieser positiv gewesen, wären wir in einer speziellen Quarantäne- Unterkunft untergebracht worden. Da die Testergebnisse negativ waren, sind A. und ich in einer „normalen“ zweiwöchigen Quarantäne. Wir gehen zum Supermarkt, der einen Blogbeitrag für sich wert ist. Und wir haben direkt vor der Tür einen wunderschönen, weitläufigen Park, der sich für mich wie ein großer Garten anfühlt. Ich beobachte dort jeden Tag Koi- Fische.
Ab der nächsten Woche können wir wieder richtig „rausgehen“. Hier haben Geschäfte und Restaurants momentan geöffnet und die Menschen werden gebeten, nach 20 Uhr nicht mehr einkaufen zu gehen.
Ich habe nicht den Eindruck, dass hier Panikstimmung herrscht, aber das kann ich momentan auch nur begrenzt beurteilen. Eine Japanerin, die uns bei Organisatorischem unterstüzt, sagte dass die Meisten sich an die Aufforderung halten, soziale Kontakte zum Schutz aller zu vermeiden.
Es gab in Deutschland ja auch vor dem Lockdown diese Aufforderung. Worauf aus allen Ecken und Enden gemotzt wurde „über die Jugend, die sich einfach in Gruppen trifft“. Es wurde, so mein Eindruck, dauernd ge- und verurteilt. Und ich bin dessen so müde, weil wir nunmal alle Menschen sind und mir fehlt oft die Empathie dafür, dass es menschlich ist, nicht permanent in Isolation leben zu können. Dass das schwer auszuhalten ist. Obwohl an der sozialen Distanz natürlich leider kein Weg vorbeigeht. So viel also zu Corona.
Du wirst bald von mir hören. Ich freue mich, wenn du nach meiner längeren Schreibpause wieder zurück auf meinem Blog bist. Wie gesagt werde ich von nun an viel über Japan, meinen Alltag hier aber auch über die witzigen, herausfordernden, schönen und interessanten Momente im Bezug auf das Leben in einer für mich fremden Kultur schildern. Also sei gespannt, ich bin es auch!:)
Sigi